Springen zwischen Parallelwelten
Ich wache auf. Es beginnt bereits zu dämmern draussen. Was ist denn für Zeit? Um die 9 Uhr. Ich sehe auf dem Stundenplan nach, wann ich wo sein muss. Oh, es steht eine Exkursion mit allen Schülern des gleichen Niveaus an. Problem nur: Besammlung: 9 Uhr. Ankunft an der Kräutersammelstelle: 9:20. Aktuelle Zeit: 9:10. Ach fuck… Spiele ich krank, damit ich mich nicht blamieren muss? Schliesslich bin ich der einzig neue in der Klasse (seit einem Tag!). Ich stehe auf und sehe nach draussen. Die Strassenlaternen leuchten in warmweiss – ou Moment, da liegt Schnee?!? Schnee liegt auf den Strassenlaternen, die innert weniger Sekunden immer dunkler werden – zagg, sind sie aus. Es ist Tag.
Och nee. Ich lege mich wieder hin. In welcher Parallelrealität bin ich da gelandet? Warum nur? Ich will in eine andere wechseln, nicht in dieser sein. Ich liege auf dem Bändel meines Kaputzenpullies. Das hatte ich doch gestern extra gemacht, um mich daran zu erinnern, dass ich Parallelrealitäten wechseln wollte und das dies nun die echte reale Realität ist – die, wo ich auf dem harten Bändel liege und es ist nicht sehr bequem. Nein, ich träume nicht. Das ist harte, echte Realität. Zu spät für die Exkursion, zu wenig Zeit. Ich schlafe langsam wieder ein.
Ich wache auf. Ich liege im Bett in meinem kleinen Haus auf dem Land, es ist noch dunkel draussen. 6 Uhr morgens, keine Termine, und ich habe genügend Zeit. Ah, aber natürlich! Diese Realität kenne ich! Viel angenehmer! Ich habe genug Zeit. Ich denke über diesen Traum nach. Warum habe ich meinen Laptop gestern nicht mit hochgenommen, um den Traum gleich aufschreiben zu können? In einer anderen Parallelrealität würde er jetzt gleich griffbereit liegen. Doch ich stehe auf und hole ihn. Er ist geladen, weil ich ihn gestern noch an den Strom gehängt habe. Allgemein ist in dieser Parallelrealität alles piekfein aufeinander abgestimmt und bereit, benutzt zu werden. „Wenn ich jetzt einschlafen würde, würde ich wieder in einer leicht anderen Parallelrealität wieder aufwachen, wo der Laptop bereits neben meinem Bett liegt?“ Vermutlich schon. Das ‚ich laufe runter, um ihn zu holen‘ ist wohl nur ein Trick, eine Brücke, um die andere Parallelrealität in die jetzige zu holen. Letztendlich liege ich in beiden auf meinem Bett und schreibe nun diesen Traum auf. Habe ich gerade zwei Parallelrealitäten miteinander verbunden?
Kann ich überall aufwachen, in einer ’schlüssigen, in sich koheränten Welt‘, und wieder einschlafen, und in einer anderen in sich koherenten Welt wieder aufwachen? „Früher“ die Schule. Erst jetzt realisiere ich rückblickend, dass die drei mit Schnee bedeckten Strassenlaternen dort standen, wo in einer früheren, ‚im echten Leben‘-Parallelrealität eigentlich der Garten von Frau Kamuf steht. Stattdessen war dort eine Strasse mit drei Strassenlaternen, die durch den Schnee leuchteten und langsam dunkler wurden.
Erleben wir einfach jeden Tag eine leicht andere Parallelrealität, in der wir ganz leicht immer älter werden? Dabei können wir an unterschiedlichen Strängen in der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft aufwachen und unterschiedlichste Varianten erleben?
Das höhere Selbst ist für die Umstände zuständig. Es lässt mich dort einrasten und aufwachen, wo ich gerade in Resonanz bin.
Wie lange es wohl dauert, bis ich endlich dort aufwache, am Ziel des ganzen, direkt beim höheren Selbst, und es zu mir sagt: Hey, du warst schon immer da. Du lagst schon immer auf dem Bett, du musstest schon immer zur Schule, du wohntest schon immer in diesem Haus. Du bist schon immer am Ende aller Tage, gerade jetzt aufgewacht und hast realisiert, wie das Spiel mit den Parallelwelten funktioniert. Du hast schon immer alles erreicht, du standest schon immer noch ganz am Anfang. Du hast schon immer alles noch vor dir gehabt. Alles ist hier jetzt.
Mein Laptop, der jetzt auf dem Bett liegt. Hatte ich ihn wirklich von unten hochgeholt, oder war er nicht schon vorher da, einfach in einer anderen Parallelrealität? Ist das „ich hole ihn schnell“ ein Zusammenfügen, ein Flicken, ein Überbrücken von zwei parallelen Realitäten? Ist das Dinge verschieben nicht einfach nur ein Trick für unseren Verstand, damit die Geschichte schlüssig bleibt? In Wirklichkeit bewegt sich gar nichts?
Ich bin bereits überall dort, wo ich hinwill. Ich muss es nur „realisieren“, dort einrasten, dort aufwachen.
Und wer sagt mir, dass das hier nicht auch bloss ein Traum ist? So real wie es sich anfühlt – es hat sich genau so real im Traum angefühlt. Vielleicht wache ich ja morgen wieder auf diesem Sofa auf und vor mir steht die rauchende Bong mit der speziellen Kräutermischung, die ich vor vier Jahren inhaliert habe, weil der Trip dann zuende ist?
Klick klack, einrasten, hüpfen und springen in den Rillen auf dem grossen Plattenspieler des Universums.
(Ich hatte die geträumte „Vergangenheit“ nie wirklich so erlebt; und dennoch hatte es sich genau so real angefühlt, wie es meine Vergangenheit hätte sein können. Rückerleben einer Vergangenheit auf einer alternativen Zeitlinie?)
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Die Viele-Welten-Interpretation ist in der Physik eine Interpretation der Quantenmechanik. Sie geht auf den US-amerikanischen Physiker Hugh Everett zurück und ist neben der traditionellen Koppenhagener Deutung (Bohr/Heisenberg) eine weit verbreitete Quantenmechanik-Interpretation. Andere Namen sind Everett-Interpretation, EWG-Interpretation (Everett/Wheeler/Graham), Theorie-der-universellen-Wellenfunktion, Viele-Vergangenheiten-Interpretation, Viele-Welten-Theorie oder schlicht Viele-Welten.
Sie sagt aus, dass sowohl alle möglichen Vergangenheiten wie Zukünfte real sind und jede eine tatsächliche Welt oder ein Universum repräsentiert. Die Hypothese beinhaltet eine riesige oder unendliche Anzahl an Universen, und alles was in unserer Vergangenheit geschehen hätte können geschah in der Vergangenheit einiger anderer Universen.
