Über die Problematik von OpenSource Software

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Tja, es ist leider auch so, dass OpenSource-Software nicht nur Vorteile mit sich bringt, wie folgender Text zu Berichten weiss:

Freiheit ist wichtig. Hat unsere Kanzlerin gerade wieder gesagt. Freie Software ist auch wichtig, das sagen viele Leute schon seit vielen Jahren.

Ihre Vorteile liegen auf der Hand: Keine Portierung auf neue Hardware scheitert am Konkurs des Softwareherstellers, Hintertüren lassen sich vor anderer Augen nicht verbergen, der Preis stimmt, jeder kann im Prinzip Änderungen selbst erledigen.

Alles bekannt und immer wieder gern gesagt. Trotzdem nimmt mein Unbehagen zu, mit jeder neuen Version von (X)Emacs oder MPlayer, KDE oder Suses Linux-Inkarnation, Cyrus-IMAP oder Postfix. Die Software wächst und wächst, meine Schwierigkeiten damit auch.

Was gestern ein korrekt angezeigtes und ausgedrucktes Formular in Openoffice war, kennt heute kein €-Zeichen mehr. Die auf dem Bildschirm fette Postleitzahl ist im Druck mager. Wenn überhaupt etwas aus dem Drucker fällt. Denn was früher der zuverlässige Postscript-Interpreter Ghostscript war, ist jetzt Teil des Cups-Molochs, versteckt in der soundsovielten Aufrufebene irgendwelcher Shellscripts. Für einen einzigen Drucker bietet mir dieses System vier verschiedene Treiber an, nur einer davon druckt A4 auf A4-Papier. Manchmal – denn gezippte Postscript-Dateien verenden beim Drucken übers Netz immer wieder in einem Segmentation-Fault. Manche lassen sich durch ein lokales lpr aufs Papier bannen. Was jedoch zuverlässig hilft, ist das Äquivalent zur „Neustarten“-Empfehlung proprietärer Software: gzip -cd datei.ps.gz | ps2pdf – – | pdf2ps – – | lpr. Wäre es nicht so traurig, könnte man ROTFL.

Besonders viel Freiheit genießt, wer unter Linux Video- oder Audiodateien wiedergeben möchte. Ein apropos player findet auf meinem mit Suse 9.3 bestückten Rechner alleine 14 Programme. Unter Mac OS X konnte ich bislang mit genau zweien alles Gewünschte sehen und hören, und zwar ohne Audio- oder Video-Device wählen zu müssen. Unter Linux gibts häufig nur Ton ohne Bild, dafür aber haufenweise Einstellmöglichkeiten – allein vier verschiedene Video-Devices, von denen einige nur root nutzen darf. Und keine Dokumentation, die den Namen verdiente. Was neben dem immer unzumutbareren und sinnfreieren Wildwuchs an Software (zählen Sie mal spaßeshalber die Libraries auf einem Linux-Rechner) mittlerweile das größte Ärgernis bei freier Software ist.

Nichts gegen Basteln, Männer tun das gerne. Aber anders als die früher zur Selbstverwirklichung benutzte Modelleisenbahn ist Software in der Regel nicht selbsterklärend. Und bis auf wenige Ausnahmen, etwa MySQL und PostgreSQL, taugt Open-Source-Dokumentation häufig nichts, weil sie von Programmierern für man-weiß-nicht-wen geschrieben wird und die vorletzte Version erklärt. Das Handbuch zum aktuellen Konqueror 3.4.2 stammt aus dem Jahre 2002 und enthält kein Wort zu SMB oder WebDAV. Openoffice verfügt über eine Programmierschnittstelle, die sich mit Basic, Java und Python nutzen lässt. Kaum jemand verwendet sie, weil die verständliche, leicht zugängliche Beschreibung dazu fehlt. Für den freien VoIP-Server Asterisk gibt es keine zusammenhängende Dokumentation, die sämtliche Details erläutern würde.

Spaß kommt natürlich nicht auf beim Schreiben von Dokumentation, sondern beim Programmieren. Weshalb wir die freie Wahl aus einer unübersehbaren Zahl von Editoren, HTML-Template-Systemen, Browsern und sogar Büroprogrammen haben. Jedes davon mit seinen eigenen Vor- und Nachteilen, keines perfekt, jedes höchstens unvollständig beschrieben. Dass es auch anders geht, zeigen Apache und Samba, die auf ihrem Gebiet konkurrenzlos dastehen. Das Gnome-Projekt hat übrigens beschlossen, seinen Browser nicht weiterzuentwickeln. Vielleicht könnten sich die Konqueror-Entwickler aufraffen, ihre Kenntnisse und ihren Code in Mozilla/Firefox einzubringen, SEmacs-, XEmacs- und Emacs-Entwickler gemeinsam einen Editor bauen, die KOffice-Programmierer bei Openoffice mitarbeiten? Oder umgekehrt – es ist letztlich egal, wie das Kind heißt, aber laufen lernen soll es endlich mal.

Freiheit sei Einsicht in die Notwendigkeit, meint schon Hegel.

Einsicht der Open-Source-Aktivisten in die Notwendigkeit brauchbarer Dokumentation und in die Vorzüge der Selbstbeschränkung brächte womöglich uns Anwendern die Freiheit zurück, mit den Programmen einfach nur zu arbeiten.

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