Scratchbook

Das Leben ist immer anders als die Realität.

Die Welt im Jahre 2016

Claude, 19. Mai 2016, 11:20 Uhr

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Vor einem Jahr: Die Welt im Jahre 2015

„Weisst du noch, damals, im 2016…“ beginne ich am Lagerfeuer unserer Kommune zu erzählen. „Die hatten damals alles unterjocht. Überwachung, wo man nur hinsah; und die haben die Leute sogar so weit gebracht, dass sie glaubten, dies sei zu ihrer Sicherheit notwendig! Dass sie sich selber überwachen lassen und ja ’nichts zu verbergen‘ haben. Kann man sich gar nicht ausdenken heute!“

„Ja genau!“ erwiedert mein Kumpel. „Die Leute damals hatten gar kein Bewusstsein für Datenhoheit. Wenn du denen mit einem dezentralen Konzept gekommen bist, haben sie’s gar nicht erst verstanden, oder sogar den Trugschluss gehegt, ‚Zentralisierung‘ sei doch einfacher.“ „So ein Bullshit!“ 😀 lachen wir. „Das waren wirklich ziemliche Dubelis, und sie wurden so dumm gehalten. Manchmal hab ich echt geglaubt, wir schaffen es nicht mehr, sie aus diesem Sumpf zu befreien. Die haben ihren Sklavenstatus sogar verteidigt.“ „Gut aber, sie sahen auch keine Alternativen. Man hat ihnen ständig eingetrichtert, so wie es momentan ist, sei es halt so und das ändert sich auch nicht. Der Zustand sei ‚Alternativlos‘.“ „Furchtbar. Frage mich, wie die das hingekriegt haben, restlos alle so unten und klein zu halten.“ „Technologie macht’s möglich. Das ist ein zweischneidiges Schwert, du kannst Technologie zum Guten wie auch zum Schlechten verwenden. Ist doch mit allem so. Wussten auch die, die damals an der Macht waren. Deshalb haben sie sich auch so davor gefürchtet, dass irgendeinisch die Beherrschten Technologie gegen ihre Herrscher wenden könnten. Darum hat man ständig, dauerhaft, tagtäglich permanent überwacht, gemüllt, geängstigt, geterroranschlägt, desinformiert, komplett durchs Band und an allen Stellen. Da war ja diese Bewegung der Feministen, erinnerst du dich?“ „Stimmt! Die haben sämtliche Schulen und Unis unterwandert und unter dem Deckmantel der Gleichstellung eine radikal gefährliche, menschenfeindliche Zensurbewegung geschaffen. Texte wurden verwässert und sinnentleert, ganze Wörter wie „Neger“ und „Mann“ aus Kindergeschichtsbüchern gestrichen. Es ging nur noch um die Form, nicht mehr um den eigentlichen Inhalt. In den Schulen wurde nicht wirklich Wissen gelehrt, sondern strunzdummer Bullshit. Extra-komplexe Sachen, die so kompliziert aussahen, dass sie selbst die intelligenten Geister glauben liessen, es stecke was Schlaues dahinter. Stichwort: Java, weisst du noch? Und weil alle in den gleichen Topf reinspritzten, hat sich niemand überlegt, ob es denn wirklich so war und nicht auch anders sein könnte.“ „Ganz allgemein waren Schulen Erziehungshäuser, die die Leute auf die Industriearbeit vorbereiten und formen sollten. Das hat man gleichzeitig auch genutzt, um sie zu formen und deren Denken in eine gewünschte Richtung zu lenken. Konsens zu schaffen.“

„Und das hat funktioniert? Die haben das denen voll abgekauft?“ „Die konnten die Menschen damals sogar jährlich berauben und von dem gestohlenen Geld wiederum Leute anstellen, die andere Menschen verfolgen.“ „Waaas??!“ „Ja. Und die haben es sogar so hingekommen, dass die Leute geglaubt haben, dieses System sei für das gemeinsame Zusammenleben notwendig, und anders könnte es ja gar nicht funktionieren. Wenn man die Leute nicht jährlich bestehlen würde, wer würde dann den Abfall entsorgen oder die Strassen bauen?“ „Echt jetzt? Auf solche kleinen Tricks sind die reingefallen?“ „Jaja. Aber die grossen Firmen hat man nicht beraubt, die, die wirklich vieles hätten finanzieren können. Immer nur auf die Kleinen und Schwachen. Das war ein sehr mafiöses System.“

„Tja, und dann hatten die Herrscher natürlich alle Medienhäuser im Griff und konnten alles unterdrücken, was ihnen gegen den Strich ging. Eigentlich ist es ein einfaches Prinzip, aber es wurde ein Riesenaufwand betrieben, und das an so vielen Stellen, nur um diese Scheinwelt der Unterdrückung am Leben zu erhalten. Weil eben alles überall manipuliert ist, fiel es niemandem auf. Da war kein ‚Glitch‘ in der Matrix.“ „Das fand ich das besonders Schlimme daran, dass sie so unsichtbar ist. Dass die Menschen überhaupt nicht merkten, dass das alles künstlich ist und dass sie derb gefangen sind. Sie wurden nur amigs depressiv und wussten nicht, warum.“ „Ja kein Wunder, bei diesen menschenunwürdigen Umständen.“ „Mhm.“

„Wie war das eigentlich mit dem Handel?“, springt ein Kind in die Diskussion ein. „Der war übelst reguliert. Du konntest fast nichts Handeln, wenn es denen nicht passte. Reglemente über Waren, Zölle, Normen. Der Handel fand mit dem Zahlungsmittel der Herrschenden statt und die wollten alles wissen, wer mit wem wieviel und was handelte. Jede Transaktion. Da gab es diese Einkaufszentren, so grosse Ballungszentren des Konsums, wo die Leute dann ihre Waren abholen konnten und mit so einem Plastikkärtchen gezahlt haben. Jeder Einkauf wurde genau aufgezeichnet. Und die haben die Menschen, die das produziert haben, nicht mal gekannt.“ „WAAS?“ „Nein. Dieses Einkaufszentrum sprang als Mittler dazwischen und hat die menschliche Transaktion abgelöst. Das direkte Geben und Empfangen, der echte und natürliche Handel unter Menschen, wo man den Produzenten persönlich kennt, das hat eigentlich sehr selten stattgefunden. Damals haben Konzerne die Waren produziert, Leute waren da angestellt, doch ein Gesicht hatten diese Konzerne keines. Und wenn mal was schiefging, haben sie sich alle gedrückt und es wollte niemand dafür verantwortlich sein. Die haben auch so viel weggeworfen. Alles musste immer frisch sein. Und die Produktqualität war absichtlich schlecht, so dass das Zeug kaputtging und man wieder neues kaufen musste. So wurden alle künstlich immer im Mangel gehalten.“

„Gab es Bibliotheken?“ „Klar. Aber für Untertanen bloss die Staatsbibliotheken mit zugelassenen Büchern. Selten echtes Wissen. Der Vatikanstaat hatte damals alle Bücher und das Wissen für sich gehortet, hermetisch abgeriegelt und bewacht. Zu diesem Archiv hatte niemand Zugang.“

„Gut, hin und wieder liess man die Leute zusammenkommen. Meist aber in organisierten Grossveranstaltungen, und meistens ging es darum, dass Menschen gegeneinander antreten und aufeinander losgehen. Oder es wurde ‚etwas geboten‘, eine Darbietung, Show. Nach der Präsentation gingen alle wieder nach Hause. Festivals, wo man im kleinen Rahmen und für eine Woche so zusammenleben konnte wie jetzt waren rar, aber die gab es zum Glück auch.“

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