Bücher
(von geekhole.ch)
Liebe Leserin, lieber Leser, könnten Sie sich eine Welt ohne Bücher vorstellen? Keine Klassiker der deutschen und amerikanischen Literatur, keine Sachbücher, keine Kochbücher, keine Bibel – nichts? Dies mag im ersten Moment zwar unglaublich klingen, ist aber der Ausgangspunkt vom 1953 erschienenen Buch „Fahrenheit 451“. Das von Ray Bradbury verfasste Werk spielt nicht zuletzt wegen seiner brillanten Idee in ein und derselben Liga mit diversen weiteren düsteren Dystopie-Erzählungen wie z. B. „1848“ von George Orwell.
Die ganze Ausgangslage ist simpel. Seit dem sämtliche Häuser vermeintlich brandsicher gemacht wurden, besteht die Aufgabe der Feuerwehr nicht mehr darin, das Feuer zu löschen, sondern es zu entfachen und sämtliche Bücher zu verbrennen. Da Bücher nicht selten zum kritischen Denken anregen, werden sie als reale Bedrohung der sozialen Stabilität wahrgenommen. Kreative Freigeister und Genies sind der Gesellschaft ein Dorn im Auge und werden so schnell wie möglich neutralisiert. Überdimensionale TV-Geräte lullen die Bevölkerung ununterbrochen ein, der Realitätsbezug schwindet dahin. Wahrlich ein Horrorszenario, mögen Sie sich nun denken. Aber sind wir wirklich noch so weit davon entfernt?
Jeden Morgen in der S-Bahn treffe ich ein bekanntes Bild an. Wo man nur hin sieht lesen die Zugfahrer das Gratisblatt „20 Minuten“. Dieses Machwerk verdient es nicht, mit dem Wort Zeitung beschrieben zu werden. Meist irrelevante, vermeintliche News zieren die Frontseite. Information verkommt zum Konsumgut, die Artikel sind bewusst einfach und oberflächlich gehalten, Effekthascherei scheint prioritär zu sein. Weiterhin ist auffällig, dass viele Zugfahrer sich mit ihren mp3-Playern von der Aussenwelt abschotten, Gespräche werden tunlichst vermieden. Unsere Welt ist vernetzter denn je, aber wir werden immer isolierter und einsamer. Ein wunderschönes Paradoxon, nicht?
Was mich aber wirklich beschäftigt, ist die Tatsache, dass echte Bücher in unserer Gesellschaft immer mehr an Stellenwert einbüssen. Wie viele Jugendliche würden heute noch Lesen als ihr Hobby bezeichnen? Das Lesen von anspruchsvoller Literatur wird von der jüngeren Generation im Allgemeinen wohl eher als Qual wahrgenommen, es ist nicht selten anstrengend und erfordert viel Konzentration. Wozu soll ich etwas lesen, wenn ich auch passiv Fernsehen kann? Vielen Schülern ist gar nicht bewusst, wie bereichernd dass diese Tätigkeit sein kann. Ihnen entgeht nicht nur das Gefühl der intellektuellen Befriedigung, ihnen bleibt somit auch ein unglaublicher Fundus an exzellenten Ideen versperrt, da sie gar nie in diese Sphären vordringen! Einher mit diesem Trend geht auch der Niedergang unserer Sprache. Wir probieren immer öfters den Sachverhalt so kurz wie nur möglich zu beschreiben, wir reduzieren und abstrahieren, verlieren aber zusehends die Fähigkeit uns wirklich präzise auszudrücken, da unser Wortschatz kontinuierlich schrumpft.
Eigentlich ironisch, aber in unserer digitalisierten, schnellen Welt scheint die Luft für Bücher immer dünner zu werden. Es braucht keine Feuerwehr, welche die Bücher verbrennt, wir verdrängen die Bücher auch so immer mehr aus unserem Leben. Bleibt nur zu hoffen, dass es noch nicht zu spät ist, um dieser intellektuellen Verarmung entgegenzuwirken! Wie könnte dieser Trend gebrochen werden? Meines Erachtens wäre es wertvoll, wenn die Kinder schon sehr früh mit Büchern in Kontakt kommen und eine Beziehung zu ihnen aufbauen. Sie sollten die Bücher als wichtigen Bestandteil der Grundschule erleben. Sie sollen erkennen, dass Lesen durchaus mit Spass verbunden sein kann. Denn nur wer Bücher und Literatur im Allgemeinen von Grund auf zu schätzen lernt, wir dies auch als Erwachsener weiterhin tun. Bleibt zu hoffen, dass diese Ideen eines Tages Realität werden!